5. Erfahrungen und Reaktionen

Das Beispiel verdeutlicht das Grundkonzept der "Zeit für Nachtschwärmer". Zentral ist immer die Verkündigung der biblischen Botschaft, die durch die Konfrontation mit literarischen Texten neu gehört und in ihrer bleibenden Aktualität relevant wird. Gerade dieser Aspekt wird von vielen Teilnehmern hervorgehoben.

Ein besonderes Merkmal der "Zeit für Nachtschwärmer" ist die musikalische Gestaltung. Nicht nur die Verwendung für den Kirchenraum außergewöhnlicher Instrumente und Klangkörper, auch die Improvisation als solche kennzeichnet die "Zeit für Nachtschwärmer" als besondere Liturgie. Die Musik wird zum Interpretament der biblischen Botschaft, das tiefer dringt, als eine homiletische Abhandlung es bewirken könnte. Dabei kommt gerade das Paradigma der Improvisation dem kulturellen Umfeld der Laurentiuskirche entgegen.

Die musikalische Gestaltung markiert das performative Element der "Zeit für Nachtschwärmer". Percussionssoli aus verschiedenen Orten der Kirche, eine Trompetenimprovisation, bei der der Musiker durch die Kirche läuft oder das Zusammenspiel elektronischer Musik mit der Orgel schaffen nicht nur eine besondere Atmosphäre. Diese Musik "lockt" die nächtlichen Passanten zur Kirche: Durch das offene Hauptportal ist gerade die Musik auf dem vor der Kirche liegenden Platz hörbar. Die ungewohnte Zeit und die für den Kirchenraum außergewöhnliche Musik machten neugierig, so dass viele Passanten in die Kirche kommen. In der Regel nehmen auf diese Weise zwischen 25 und 50 Personen an dem Gottesdienst teil. Die Erfahrung zeigt, dass manche bleiben, einige kurz verweilen, andere zünden eine Kerze an, wieder andere bleiben vor der Schwelle der Kirche stehen und verfolgen von dort - wenigstens für einen kurzen Moment - die "Zeit für Nachtschwärmer".

Die letztgenannte Personengruppe ist paradigmatisch für viele Fernstehende. Angesprochen, ob sie nicht in die Kirche kommen wollen, zeigen sie sich in der Regel an dem Geschehen höchst interessiert, äußern aber den Wunsch "auf Distanz" bleiben zu können.

Die "Zeit für Nachtschwärmer" endet grundsätzlich mit einer "offenen Stille". Diese Stille schafft eine gewisse Irritation. Es entsteht ein Moment, der warten lässt, wie es weiter geht. Genau dieser Aspekt ist beabsichtigt, denn es geht im Alltag weiter. Der offene Schluss bewirkt eine Brücke in das reale Leben der Menschen.

Es ist üblich, dass die Ausführenden am Schluss im Eingangsbereich der Kirche zu einem Gespräch zur Verfügung stehen, von dem die Gottesdienstteilnehmer rege Gebrauch machen. Bei diesen Gesprächen zeigt sich, dass vor allem die musikalische Gestaltung der "Zeit für Nachtschwärmer" von vielen als beeindruckend und inspirierend erlebt wird. Aber auch der "offene Schluss" bewirkt bei vielen eine Nachdenklichkeit. Nicht wenige bringen ihre emotionale Betroffenheit zum Ausdruck.

Das Projekt der "Zeit für Nachtschwärmer" zeigt, dass eine "Liturgie im Vorübergehen" zwar außergewöhnlich, aber möglich ist. Es zeigt auch, dass Fernstehende, für die manche Schwelle zur oder in die Kirche zu hoch ist, in einer besonderen Weise mit der biblischen Botschaft in Berührung gebracht werden können. Schon kurz nach der Eröffnung des Projektes ist die "Zeit für Nachtschwärmer" zum Stadtteilgespräch geworden. Vielleicht wird sie bald auch zum Stadtgespräch.

Zeit für Nachtschwärmer: Hörbeispiele







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